Grundsätzliche Anforderungen aus der DIN EN 752-2
Entwässerungssysteme außerhalb von Gebäuden, Teil 2: Anforderungen
„Die grundsätzlichen Anforderungen an den Betrieb von Entwässerungssystemen sind folgende:
a) Verstopfungsfreier Betrieb;
b) Begrenzung der Überflutungshäufigkeiten auf die vorgeschriebenen Werte;
c) Schutz von Gesundheit und Leben der Öffentlichkeit;
d) Die Überlastungshäufigkeiten sollten auf die vorgeschriebenen Werte begrenzt werden;
e) Schutz von Gesundheit und Leben des Betriebspersonals;
f) Schutz der Vorfluter vor Verschmutzung im Rahmen festgelegter Grenzen;
g) Ausschluß der Gefährdung von bestehenden, angrenzenden Bauten und Ver- und Entsorgungseinrichtungen durch Abwasserkanäle und -leitungen;
h) Erreichung der geforderten Nutzungsdauer und Erhaltung des baulichen Bestandes;
i) Wasserdichtheit der Abwasserkanäle und -leitungen entsprechend den Prüfungsanforderungen;
j) Vermeidung von Geruchsbelästigung und Giftigkeit;
k) Sicherstellung der geeigneten Zugänglichkeit für Unterhaltszwecke.“
Nicht Notwendiges aus der DIN EN 752-5
7.4.3 Wasserdichtheit
„Untersuchungen können erforderlich werden, um Undichtheiten von Abwasserleitungen und -kanälen festzustellen. Dabei sind vorrangig Leitungen und Kanäle zu untersuchen, die in Grundwasserschutzgebieten liegen oder besonders gefährliche Stoffe ableiten (siehe Abschnitt 7 von EN 752-2:1996).“
Kommentar:
Nach dem Wortlaut der DIN EN 752 – 2 gilt:
Grundsätzlich haben Abwasserkanäle und -leitungen entsprechend den Prüfungsanforderungen dicht zu sein.
Dies wird im allgemeinen jedoch völlig anders verstanden. Nämlich so:
„Abwasserkanäle und -leitungen müssen entsprechend den Prüfungsanforderunge stets dicht sein.“
Doch was bedeutet „grundsätzlich“?
Nun, das kommt darauf an, wer gefragt wird oder wer etwas zu sagen hat.
Ein Rechtsanwalt oder ein Richter versteht unter „grundsätzlich“ eine Regel oder eine Leitlinie, wobei Ausnahmen oder Abweichungen durchaus zulässig sind.
Das DWA-Regelwerk, die DIN oder die Rechtsprechung zur Mängelbewertung lässt sogar ausdrücklich Abweichungen zu.
Der „Rest der Welt“ glaubt dagegen zumeist bei „grundsätzlich“ grundsätzlich an eine unbedingt einzuhaltende Anforderung, was natürlich von dem einen oder anderen unseriösen Unternehmen gewinnbringend ausgenutzt wird.
Wäre nämlich tatsächlich Gefahr im Verzug – wie mitunter vorgegaukelt wird – dann hätte das skurile Konsequenzen. Alle Kanalisationen müssten schlagartig außer Betrieb genommen werden, weil diese ja nicht nur grundsätzlich, sondern tatsächlich undicht sind.
Nicht nur in den Großstädten müsste das Abwasser sofort mit Güllefässern ausgefahren werden. Das Abwasser wäre in Endlagern zu speichern, denn auf die Felder und auf die Deponien darf kein Abwasser.
Man sieht was „grundsätzlich“ für Nonsens anrichtet, wird es wörtlich und nicht mit juristischem Sachverstand gewertet.
Ein excellenter Beweis übrigens für die Nützlichkeit von Juristen gegenüber den Technikern, denn die Letzteren würde der scharfsinnige Davilia in einer zivilisierten Gesellschaft gerne in der Gesindestube speisen lassen. Und mit den Jahren verstehe ich auch sein hartes Urteil, obwohl es auch mich trifft.
Also für deutsche Nichtjuristen:
Abwasserkanäle und -leitungen sollten im Allgemeinen entsprechend den Prüfungsanforderungen dicht sein. Ausnahmen sind zugelassen.
Ich habe keine DIN oder keine Regel im technischen Regelwerk gefunden, nach der eine flächendeckende Inspektion und Dichtheitsprüfung aller deutschen alten Kanäle zwingend abzuleiten wäre.
Wer einen Blick für die Realitäten hat, bei dem könnte der Eindruck entstehen, dass in der Regel Kanäle eher undicht als dicht sind und dass aus dieser Tatsache in ganzheitlicher Wertung nach der EU-WRRL wohl kein Problem zu erkennen ist. D. h. bei ganzheitlicher Wertung werden die Frachten im Grundwasser eher in Ausnahmen von undichten Kanälen verursacht.
Andererseits stellen die Kanäle ein enormes kommunales Vermögen dar, das zu schützen und zu erhalten ist.
Voraussetzung dafür ist aber, dass man den Zustand der Kanäle kennt und die Reparatur, Modernisierung und Erneuerung der Kanalisationen in gleicher Weise betreibt, wie es bei den oberirdischen Abwasseranlagen üblich ist.
Sinnvoll, planmäßig, kompetent, insbesondere verhältnismäßig und mit Augenmaß.
Uwe Halbach
zertifizierter Kanalsanierungsberater